15
Aug
2012

Der Dichter lügt

und wie, das ist es ja, oft klingen seine Lügen ganz redlich. Etwa, wenn er behauptet, dass der Tod hart arbeite und niemand wisse, wie lange sein Tag sei. Oder er will wissen, dass sein Vater viel schreibe in seinem Sarg.
Dann wieder erfindet er eine Großmutter, die den Staub des 19. Jahrhunderts ins 20. fegt. In China habe man sogar eine Methode entwickelt, den Hunger durch Schlucken von reichlich Luft zu vertreiben. Wie ist das möglich, dass wir ihm folgen, was denken Sie? Wollen wir vielleicht, ja wünschen wir es uns, dass das Unwahrscheinliche Wirklichkeit werde. Dass, wenn dier Dichter die Kleider seiner Verse ablegt, das pure Wunder erscheint? Dass selbst Ratten dann, wie er behauptet, nach ihrem Tode in eine bessere Welt eingehen. Ich kann es nicht glauben und doch hänge ich wie verrückt an seinen Lippen. Mag schon sein, dass jeder Wurm ein Märtyrerer ist, bei Lichte, aber dass in den Abendnachrichten gemeldet worden sei,es habe sich wieder viel Staub gelegt, bezweifle ich. Obwohl, denke ich.. vielleicht hat er ja recht, gerade dann, wenn er so lügt. Denn dass die Geschichte, wenn sie im Finstern zur Schere greift, oft einem von uns aus Versehen ein Bein oder eine Hand abschneidet, das habe ich mit eigenen Augen gesehen.
Das kommt vor. In den Lügen des Dichters ahnt man oft einen Zauber der ältesten Wahrheit. Ich weiß nur nie, wie das geht.
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Harry2 - 15. Aug, 18:52

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Zuletzt aktualisiert: 15. Aug, 18:52

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